WAZ 23. 03. 2011

Veröffentlicht am 23.03.2011 in Allgemein

Erstmals konkret Klage angedroht
Erörterungstermin zu Thyssen-Krupp-Deponie: Gegner weisen auf angebliche Fehler hin. Konzern unterstreicht Bedeutung

Zuletzt am vergangenen Freitag beim Ortstermin des NRW-Petitionsausschusses protestierten Anwohner mit ihren Kindern vor den Toren der Deponie Marbach. Foto: Gero Helm

Michael Weeke

Zwei Welten trafen aufeinander, als es am Dienstag beim offiziellen Erörterungstermin um die geplante Wiedereröffnung der Thyssen-Krupp-Deponie Marbach in Hamme ging. Rund 20 Einwender gegen die Erweiterung der Stahlwerksdeponie lieferten sich, flankiert von Vertretern der Umweltverbände, einen verbalen Schlagabtausch mit wechselnden Sprechern des Stahlkonzerns.

Heinz-Jörg Gimpel, Leiter der für Bochum zuständigen Hagener Unteren Umweltschutzbehörde, moderierte die Veranstaltung. Dabei wurde gleich zu Anfang deutlich, dass bei einer von Beobachtern erwarteten Genehmigung der Deponie mit einer Klage zu rechnen ist. Martin Oldengott, als einer der Einwender und Sprecher der Hammer Runde, kündigte eine Klage an, falls die Behörden in einem Planfeststellungsbeschluss den Betrieb der Deponie genehmigen sollten. „Der Punkt ist, dass dieses Gelände nicht zum Thyssen-Krupp-Werk gehört, sondern ein eigenständiger Standort ist." Daher sehen die Gegner einen Verstoß gegen das Verfahren, weil die Deponie nicht ausgewiesen sei. Der Vertreter des planungsrechtlich zuständigen Regionalverbandes Ruhr sah dies anders. „Es handelt sich hierbei um eine untergeordnete Anlage von Thyssen-Krupp."

Letztlich gab es mehr zu hören, als die auch in dieser Zeitung immer wieder dargestellten Argumente und Gegenargumente. In über 50

»Ein Baustein zur Zukunftssicherung des Standortes«

Punkten hatte die Hagener Behörde die rund 140 Einwendungen sortiert. Dabei ging es um so gravierende Aspekte, wie die möglichen Auswirkungen auf die Gesundheit, die ausgiebig diskutierte Situation, um die dort bereits liegenden zum Teil hochgiftigen Altlasten aber auch um vermeintliche Randaspekte wie den Schutz der dort offenbar lebenden seltenen Kreuzkröte und der nachgewiesenen recht seltenen blauflügeligen Sandschnecke.

Über sechs Stunden lang leitete der um Ausgleich bemühte Heinz-Jörg Gimpel die Debatte und musste dabei immer wieder zwischen Verwaltungssprache und Umgangssprache vermitteln. Für Thyssen-Krupp-Nirosta machten die beiden Vertreter Dr. Verena Schulz-Klemp (Leiterin Umwelt- und Energiemanagement) und der Umweltbeauftragte des Bochumer Stahlwerkes Roland Liedtke noch einmal klar, dass es aus ihrer Sicht keine Alternative zu diesem Standort gebe. „Diese Deponie ist ein Baustein zur Zukunftssicherung des Standorts", so Liedtke. Gäbe es keine Genehmigung, müsse der Konzern die rund 30 000 Tonnen Stahlwerksschlacke wohl oder übel zu Fremddeponien transportieren.

Da am gestrigen Dienstag sämtliche Punkte der Erörterung abgearbeitet werden konnten, fällt der für den heutigen Mittwoch terminierte Fortsetzungstermin flach. Vertreter der Einwender hoben
nach Abschluss der Veranstaltung die „außerordentlich sachliche Atmosphäre hervor". Über die ganze Distanz folgte der Vorsitzende des Umweltausschusses, Lothar Gräfingholt (CDU), der Erörterung. Bekanntlich hatte er sich bei der Abstimmung über die Empfehlung der Stadt zur Deponiefrage seiner Stimme enthalten.

In kurzen Schluss-Statements formulierten die Einwender noch einmal ihren Unmut und ihre Betroffenheit über den geplanten Deponiebetrieb in ihrem Stadtteil.

KOMMENTAR

Kein leichter Stand

Michael Weeke

Nicht den leichtesten Stand hatten die Vertreter des vermeintlich mächtigen Stahlkonzerns beim gestrigen Erörterungstermin. Immer wieder mussten einzelne Punkte präzisiert und mit Zahlen untermauert werden. Bis zum Ende konnten einige Fragen nicht endgültig geklärt werden. Womöglich finden weitere Begehungen statt. Außerdem blieb offen, wie es mit. dem Baurecht für die Verlängerung der Porschestraße als künftige Erschließung der Deponie aussieht.

Verstörend, dass es offenbar kein adäquateres Mittel als einen solchen Erörterungstermin gibt, um die Interessen von Anwohnern im Rahmen eines Planungsprozesses angemessen zu berücksichtigen. Denn zwischen Verwaltungssprache und Deutsch liegen Welten.

 

Was sie sonst noch interessieren könnte:

SPD Ortsverein Bochum Hamme

https://www.facebook.com/SPD-Bochum-Hamme-110071644185482/?ref=page_internal