Offener Brief an Olaf Scholz

Veröffentlicht am 30.04.2019 in Bundespolitik

Presseerkärung 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der SPD-Ortsverein Bochum-Hamme kritisiert Olaf Scholz, den Bundes-Finanzminister und Stellv. SPD-Vorsitzenden. Die vorgesehene Kürzung der Bundesmittel an Kommunen um 3,5 Milliarden bis 2022  für die Integration von Flüchtlingen ist eine  politische Schlechtleistung. Wir Sozialdemokraten wollen, dass eine gelingende  Integration auf der kommunalen Ebene gelingt. Der Bund muss seine Bundes-Verpflichtung zur Integration von Flüchtlingen durch Übernahme der dafür entstehenden Kosten aus seinen Mitteln sichern. Wir fordern den Bundesminister der Finanzen auf, dafür gemeinsam mit den Kommunen und Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und gesellschaftlichen Institutionen ein schlüssiges und auskömmlich finanziertes  Konzept zu erarbeiten. Der SPD-Ortsverein Bochum-Hamme hat aktuell einem Offenen Brief an Olaf Scholz gerichtet.  -  Darin wird  seine  für die nächsten Jahre geplante  Haushaltspolitik  gegenüber den Kommunen in Deutschland als nicht mit dem Grundsatzprogramm der SPD und ihrer Verpflichtung zu Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Solidarität für  vereinbar erklärt.  Darüber hinaus, so sagen die  Genossinnen und Genossen aus Bochum-Hamme, besteht sogar ein grundgesetzlicher Auftrag nach Artikel 20 für die Weiter-Entwicklung unseres sozialen und demokratischen Rechtsstaates. Das bedeutet  auch eine gerechtere Verteilung des von uns allen erarbeiteten Bruttosozialproduktes. Auf den dieser E-Mail  angehängten offenen  Brief  an Olaf Scholz wird verwiesen.

 2.  Einladung  an Olaf Scholz zum politischen Meinungsaustausch

Der Ortsverein lädt für den 13. Juni den Stellvertretenden Parteivorsitzenden und Bundesminister der Finanzen nach Bochum zu einer Aussprache über die Kritikpunkte ein.

 Hiermit folgt der Ortsverein seiner Traditionen:

 Von Anfang an im Jahre 2005  bezeichnet der  SPD-Ortsverein Bochum-Hamme die Bildung der  „großen Koalition auf Bundesebene“  als falsche sozialpolitische Weichenstellung des Parteivorstandes der SPD „…bei seiner Verpflichtung zur Umsetzung unserer politischen Ziele von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“.

 Deshalb fand auf Einladung des  Ortsverein Bochum-Hamme  bereits nach der Bildung der erneuten GROKO ab 2013 im Mai 2014 ein persönliches Gespräch mit dem damaligen Parteivorsitzenden der SPD, Sigmar Gabriel in Bochum.

 Der Ortsverein wünscht sich nun die Fortsetzung dieses Dialoges mit einem führenden Vertreter des Parteivorstandes der SPD und ist gespannt, ob  der Stellvertretende Parteivorsitzende Olaf Scholz bereit ist, sich der Diskussion mit „…der SPD von unten…“  zu stellen?

 Aus diesem Grunde hat der SPD-Ortsverein Bochum-Hamme der Einladung   an Olaf Scholz den  Beschluss des Unterbezirksparteitages der SPD in  Bochum vom 27.11.2017 beigefügt.  -  Darin fordert die gesamte Bochumer SPD, um den politischen Erneuerungsprozess voran zu bringen, die Wieder-Einrichtung von politischen Fachkommissionen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene über alle Politikfelder: – u.a. Rente, Gesundheit, Pflege, Steuer, Wohnungs- und Verkehrswesen, Bildungspolitik,   -   um für die SPD wieder das Ziel der sozialen Gerechtigkeit als  Kern ihrer Politik nach vorn zu setzen.

 3.  Einladung zum Interview

 Vertreter des SPD-Ortsvereins stehen Ihnen als Medienvertreter für Rücksprachen und Interviews zur Verfügung.

 Wir bitten um Berichterstattung.

 Mit freundlichen Grüßen Klaus Amoneit

SPD-Ortsverein Bochum-Hamme Vorsitzender

Solidarität und soziale Gerechtigkeit als Leitlinie sozialdemokratischer Politik

Ein offener Brief des SPD-Ortsvereins Bochum-Hamme und weiterer Unterzeichner aus der NRW-SPD an Olaf Scholz, Bundesfinanzminister und stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD, 24. April 2019.

Lieber Olaf,

in den vergangenen Monaten wurden in unserer Partei, unter dem Eindruck bedrückender Wahlergebnisse, verstärkt die Fragen diskutiert: Was ist der Markenkern der SPD? Was sind die Ideale, an denen wir unser Handeln ausrichten? Was unterscheidet uns also von Parteien, die ihr Handeln rein wirtschaftlichen Zwängen unterordnen? Was unterscheidet uns von Parteien, deren Ziel lediglich die Bewahrung der eigenen privilegierten Stellung und der eigenen Macht ist?

Benötigen wir, benötigt die Sozialdemokratie dafür wirklich neue Antworten? Bereits das Hamburger Programm aus dem Jahre 2007 fasst unsere Grundwerte klar zusammen: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. „Sie bleiben unser Kriterium für die Beurteilung der politischen Wirklichkeit, Maßstab für eine bessere Ordnung der Gesellschaft, Orientierung für das Handeln der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.[1] Das Hamburger Programm brachte damit keineswegs neue Schwerpunkte in die Partei – es dokumentierte und bestätigte vielmehr erneut die Grundüberzeugungen, die bereits seit vielen Jahrzehnten das Handeln unserer Partei prägen. Es dokumentiert den Markenkern der SPD. Hier finden wir also bereits die Antwort auf die obigen Fragen: Ein an Werten und Idealen orientiertes Handeln zeichnet uns aus! Wir hinterfragen  die bestehende Ordnung und unser Handeln mit den Fragen: Ist das sozial gerecht? Ist das solidarisch? Das beinhaltet auch einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und unserer Erde: denn wäre ein Leben auf Kosten der kommenden Generationen sozial gerecht?

Diese Ideale unterscheiden sozialdemokratische Politik von opportunistischem, am bloßen Machterhalt orientierten Handeln. Es unterscheidet sozialdemokratische Politik von Parteien, die lediglich zum Nutzen weniger – und zur Mehrung deren Reichtums – wirken. Und es unterscheidet sozialdemokratische Politik von konservativer Politik – die unter dem „Bewahren von Werten“ lediglich ein Bewahren überkommener Strukturen von Ungleich-Verteilung und von Privilegien weniger verstehen.

Was also lief und läuft in unserer Partei schief? Wieso verbindet nur noch eine kleine Minderheit unsere Partei mit Solidarität und Gerechtigkeit? Die Antwort darauf ist einfach: Weil uns seit Jahren - beginnend mit den Agenda-Gesetzen -  die Konsequenz fehlt, diese abstrakten Ideale auch in der Praxis, bei konkreten Entscheidungen, zu berücksichtigen. Und weil wir es versäumen, entsprechend getroffene Entscheidungen populär und selbstbewusst mit diesen Idealen zu begründen.

Wir fordern daher: Jede politische Entscheidung, jedes Handeln in unserer Partei soll sich künftig gegenüber den oben formulierten, simplen Fragen rechtfertigen: Ist das sozial gerecht? Ist das solidarisch? Dies hat in dokumentierter, kurzer und prägnanter Form zu erfolgen, sodass diese Begründung, durch die Öffentlichkeit und die Basis der Partei, kritisch hinterfragt werden kann. Und das soll, als Begründung für unser Handeln, künftig noch stärker betont werden - sowohl bei öffentlichen Auftritten als auch bei Veröffentlichungen in den Medien.

Unter diesem Gesichtspunk nehmen wir die aktuelle Debatte um den Bundes-Haushaltsentwurf – und die Mitwirkung des SPD-geführten Finanzministeriums daran – mit großem Befremden zur Kenntnis.

Ist die Kürzung von Flüchtlingshilfe – bei gleichzeitigem Anstieg der Rüstungsausgaben - sozial gerecht? Ist sie solidarisch gegenüber Geflüchteten?

Ist die Verschiebung finanzieller Lasten einer Bundes-Aufgabe, der Integrationsarbeit, vom finanziell gut gestellten Bund auf die Kommunen gerecht?

Hier wurde, von einem SPD-geführten Ressort, ohne Not eine Kostendebatte vom Zaun gebrochen, die a) Geflüchteten und deren Integration ganz direkt schadet, welche oft zu den sozial schwächsten der Gesellschaft zählen und damit im besonderen Maße auf unsere Solidarität angewiesen sind; die b) die gesellschaftliche Stimmung vergiftet, insbesondere durch absehbare mediale und rechtspopulistische Zuspitzung (Zitat: „Müssen die Kommunen jetzt Steuern wegen der Flüchtlinge erhöhen?“); die c) damit der Mobilisierung rechtspopulistischer Demagogen nutzt und die d) sicher keine Wähler zur SPD – vermutlich aber die wenigen verbliebenen Wähler von der SPD fort treibt.

Die „schwarze Null“ ist dafür keine ausreichende Motivation! Die Politik der Austerität verlagert notwendige Investitionen in die Zukunft und belastet damit künftige Generationen. Unter ihr leiden insbesondere sozial schwache Gruppen unserer Gesellschaft, die auf staatliche Leistungen und Unterstützung besonders angewiesen sind. Und sie entbehrt in aktuellen Niedrigzins-Phase zudem auch jeglicher wirtschaftlicher Logik.

Wir fordern daher: die SPD-Spitze, auch im Finanzministerium, hat ihre Handlungen ebenfalls - und mit besonderer Sorgfalt - vor den oben formulierten Grundwerten zu rechtfertigen. In diesem Rahmen fordern wir eine Korrektur des Haushaltsentwurfes, der nicht mehr unter dem, fast schon obsessiven, primären Fokus der Ausgeglichenheit stehen darf. Sein Fokus muss vielmehr auf der sozialen Gerechtigkeit in unserem Lande liegen. Dem Gedanken folgend fordern wir die Bundesregierung weiter auf, gemeinsam mit Kommunen und Wohlfahrtsverbänden ein schlüssiges und auskömmlich finanziertes Konzept zur Integrationsarbeit zu erarbeiten, und damit der ständig neu aufgewärmten Kostendiskussion um Flüchtlingsarbeit ein Ende zu setzen.

Wir sind davon überzeugt, dass nur ein Handeln, das konsequent an unseren Idealen Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ausgerichtet ist, langfristig auch das politische Überleben unserer sozialdemokratischen Partei sicherstellt, die, gerade in einer sich radikal verändernden Welt, dringender denn je benötigt wird. Leere Formulierungen in Wahlprogrammen sind dafür nicht ausreichend.

Dieser Prozess wird Zeit beanspruchen. Er wird jedoch dazu beitragen, verloren gegangenes Vertrauen in der Gesellschaft nachhaltig zurück zu gewinnen. Und er wird dazu beitragen, unsere Gesellschaft  nachhaltig in eine Gerechtere zu verwandeln. Wir sind uns sicher, lieber Olaf, das wir dieses gemeinsame Ziel - diese Zukunftsvision - mit dir und dem gesamten Bundesvorstand unserer Partei teilen.

Wir laden dich deshalb ein, am 13. Juni 2019, ab 18:30 Uhr, an der Sitzung des Ortsvereins Bochum-Hamme und den weiteren Unterzeichnern teilzunehmen. Wir möchten gemeinsam mit dir die weiteren Schritte für die Stärkung unseres SPD-Profils der sozialen Gerechtigkeit bearbeiten, um in Kommunen, Ländern und im Bund bald wieder die politische Mehrheit hinter unserer Politik zu wissen. Um dieses Ziel zu unterstreichen, fügen wir dir im Anhang dieses Briefes auch den Beschluss des Unterbezirks-Parteitages in Bochum vom 27.11.2017 bei. Unter dem Titel „… die SPD von unten muss es tun! …“ hat unser Bochumer Parteitag, an dem 33 Ortsvereine der Bochumer SPD beteiligt waren, beschlossen, über entsprechende Fachkommissionen auf kommunaler Landes- und Bundesebene unsere SPD-Forderungen für die Weiterentwicklung unseres sozialen und demokratischen Rechtsstaates aufzubauen.

Wir freuen uns auf deine Rückmeldung und verbleiben

mit solidarischen Grüßen

SPD-Ortsverein Bochum-Hamme

Unterzeichner:

Sven Dörlam (Stellvertr. Vorsitzender, SPD-OV BO-Hamme/IGMetal), Klaus Amoneit (Vorsitzender, SPD-OV BO-Hamme/verdi), Antje Kassem (Stellvertr. Vorsitzende SPD-OV BO-Hamme), Rudolf Malzahn (Ehrenvorsitzender SPD-OV BO-Hamme/IGMetall), Thomas Wellner (Stellvertr. Vors. SPD-OV BO-Hamme), Sabine Glasder (Stellvertr. Vors. SPD-OV BO-Hamme/Transnet), Serdar Yüksel, MdL (Vorsitzender SPD-Stadtbezirk BO-Wattenscheid/verdi), Gerhard Gleim (Beisitzer OV-Vorstand BO-Hamme), Heike Jegust (Beisitzerin OV-Vorstand BO-Hamme), Dieter Schröder (Stv. Kassierer SPD-OV-BO-Hamme), Nejirvan Nouman (SPD-Mitglied OV-BO-Hamme), Agir-Mustafa Birhimeoglu (Kassierer SPD-OV BO-Hamme), Norbert Kriech (Beisitzer SPD-OV-Vorstand BO-Hamme/ IG Metall), Heinz Rittermeier (SPD-Ortsvereinsvorstand BO—Hofstede/IG Metall), Guido Mlynarzyk (SPD-Mitglied OV-BO-Ehrenfeld), Sven Matterne (SPD-Mitglied AGS Herne), Peter Strohmeier (SPD-Mitglied OV Spenge-Lenzinghausen, Herford), Timon Delawari (SPD-UB-Vorstand Köln), Stephanie Helder-Notzon (ASF-Vorsitzende UB Bochum), Matthias Welsch (SPD-Mitglied OV Aachen-Mitte), Jörg Laftsidis, (SPD-Ortsverein BO-Hofstede/IG BCE).


 

 

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